Russlands Wirtschaft trotz westlicher Sanktionen: Ökonom Felbermayr analysiert Auswirkungen

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  • Beitrag veröffentlicht:23. August 2023
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Die Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf die russische Wirtschaft sind nach Meinung des Wiener Ökonomen Gabriel Felbermayr begrenzt. Obwohl die Sanktionen gewiss negative Effekte haben, hat sich die russische Wirtschaft innerhalb von anderthalb Jahren in eine Kriegswirtschaft umgewandelt.

“Für Russland ist der Krieg ein Konjunkturimpulsgeber”, so Felbermayr. Die Rüstungs- und Ausrüstungsindustrie blühen und etwa vier bis fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden für Kriegsanstrengungen eingesetzt.

Gleichwohl kosteten westliche Sanktionen die russische Wirtschaft zwei bis drei Prozent ihres BIP, betont Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Wien. Mit den Jahren könnte dieser Schaden noch größer werden, insbesondere durch den Mangel an dringend benötigten Technologieimporten. Es fehlen Ersatzteile und Know-how, Investitionen bleiben aus.

Nach den Berechnungen des Internationaler Währungsfonds dürfte das russische BIP im Jahr 2022 um zwei Prozent geschrumpft sein. Für das Jahr 2023 geht der Ökonom von einem Anstieg von rund einem Prozentpunkt aus. Allerdings erwartet er 2024 aufgrund globaler wirtschaftlicher Unsicherheiten und dem starken Verfall des Rubels weiterhin schwaches Wachstum.

Lücken in den westlichen Sanktionen werden zudem häufig durch Re-Exporte aus Drittstaaten wie Belarus, Armenien, Kasachstan und Kirgisistan gefüllt – Mitglieder der Eurasischen Zollunion. “Die Exporte aus Deutschland in diese vier Länder sind im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 um 124 Prozent gestiegen”, bestätigt Felbermayr und vermutet eine hohe Zahl an Re-Exportgutern nach Russland.

Auch die Türkei und China spielen bei diesen Re-Exportprozessen eine bedeutende Rolle: “Es gibt ernsthafte Hinweise darauf, dass westliche Technologie in russischen Waffen eingesetzt wird”. Laut Felbermayr könnten Exporte von Drittländern nach Russland nur unterbunden werden, wenn Länder wie Türkei oder China mit extraterritorialen Sanktionen belegt würden – allerdings würden dadurch auch die Kosten eines solchen Sanktionsregimes für die europäische Wirtschaft erheblich steigen.

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