Die gegenwärtige wirtschaftliche Abschwächung in Deutschland scheint den Osten des Landes weniger zu tangieren. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) prognostiziert, dass das ostdeutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um 0,5 Prozent zulegen könnte, während das gesamtdeutsche BIP um voraussichtlich 0,6 Prozent schrumpfen wird.
Für 2024 werden sowohl im Osten als auch im Westen Wachstumsraten von 1,3 Prozent erwartet. Für 2025 zeigt die Prognose eine geringfügig schwächere Zunahme des ostdeutschen BIPs im Vergleich zum gesamtdeutschen Niveau: 1,2 Prozent gegenüber 1,5 Prozent.
Erklärungen für diesen Trend liegen unter anderem in der Stabilität der ostdeutschen Konjunktur in den vergangenen vier Quartalen und der robusten Performance der verarbeitenden Industrie. Spitzenreiter war hier Brandenburg mit einem BIP-Wachstum von sechs Prozent im ersten Halbjahr 2023 – hauptsächlich dank eines Elektroauto-Werkes in Grünheide.
Derweil müssen andere Regionen Rückschläge verkraften: Sachsen-Anhalt etwa litt unter den Energiepreissteigerungen und musste einen Rückgang des BIP um stolze 3,2 Prozent hinnehmen.
Interessant ist zudem die Entwicklung der Einkommen. Laut IWH-Experte Oliver Holtemöller entwickeln sich die verfügbaren Einkommen in Ostdeutschland schon seit einigen Jahren günstiger als im Westen. So lagen die ostdeutschen realen Bruttolöhne und -gehälter im Jahr 2022 um 19,5 Prozent über ihrem Niveau von 2015; die westdeutschen nur um 16,1 Prozent.
Auch der in Ostdeutschland häufig gezahlte Mindestlohn (auf zwölf Euro pro Stunde ab Oktober 2022) und eine stärkere Renteerhöhung stützen diese Entwicklung.
Trotz dieser positiven Tendenzen gibt es auch Herausforderungen. So wird das ostdeutsche BIP in den kommenden Jahren kaum stärker wachsen als das gesamtdeutsche, da aufgrund des demografischen Wandels weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus lässt der durchschnittliche Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen nach: Im Juni betrug er nur noch 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.
Blickt man auf das prognostizierte BIP-Wachstum für Ost- und Gesamtdeutschland für die nächsten Jahre, so zeigt sich ein relativ stabiles Bild: Für beide Regionen wird ein jährlicher Anstieg von etwa 1,3 Prozent erwartet. Bis zum Jahr 2025 soll das Wachstum in Ostdeutschland mit etwa 1,2 Prozent etwas langsamer voranschreiten als in Deutschland insgesamt (1,5 Prozent). Das entspricht weiterhin rund achtzig Prozent des westdeutschen Niveaus.
Die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland, definiert durch die Bundesagentur für Arbeit, soll sowohl 2023 als auch 2024 bei sieben Prozent liegen und bis 2025 auf 6,7 Prozent sinken. Trotz einiger Herausforderungen zeigt sich also ein insgesamt stabiler Ausblick für die ökonomische Entwicklung im Osten Deutschlands.