Liebe Leser,
in den vergangenen Wochen haben wir wohl alle dem Krieg gegen die Ukraine entsetzt zugesehen. Es ist vollkommen offen, wie dieser Aufmarsch gestoppt werden kann oder stoppt. Diese Eskalation hat der ohnehin schwachen Entwicklung von Technologie-Werten in den vergangenen Monaten wohl zunächst endgültig den Stecker gezogen.
Ich bin der Meinung, es gibt durchaus noch zahlreiche Unternehmen, die stark genug für eine Investition sind – wenn Sie die entsprechende Geduld aufbringen -; dennoch ist die Entwicklung insgesamt so ungünstig, dass Sie nicht einfach daran vorbeisehen sollen. Ich empfehle Ihnen, dass Sie nicht zu nervös werden sollten. Dennoch habe ich im Technologie-Aktien-Masterclass bereits empfohlen, derzeit überwiegend die Positionen nur zu „halten“.
Die Kursunsicherheiten sind ungewöhnlich groß, das Risiko, im falschen Zeitpunkt zuzugreifen, ist gleichfalls enorm. Sie sollten deshalb jedenfalls aus meiner Warte nicht zu viel riskieren. Es gibt eine einfache Möglichkeit, mit der Sie die Entwicklung gut abschätzen können, ohne sich mit dem Krieg oder den Kriegsfolgen beschäftigen zu müssen.
Folgen Sie dem Trend – und bleiben Sie diszipliniert
Die Kriegsentwicklung ist unüberschaubar. Selbst in kleinsten Talkrunden im Fernsehen werden Sie praktisch ähnlich viele Meinungen hören wie Talkgäste vertreten sind. Wenn Sie als politisch interessierter Mensch zusehen, ist die Entwicklung schon dramatisch genug. Wenn Sie auch noch Geld an den Aktienmärkten investiert haben und vermeintlich abschätzen sollen, wann die Börsenkrise, die daraus entstanden ist, vorbei sein wird, können Sie fast nur falsch liegen.
Jedenfalls ist es kaum möglich, aus den Erklärungen der politischen Beobachter Schlüsse zu ziehen, die Ihnen helfen. Sie können anders vorgehen – folgen Sie den Trends, die sich an den Börsen ausbilden. Sie können davon ausgehen, dass der Markt in der Summe aller Teilnehmer recht genau weiß, wohin er will.
Die Gesamtheit Aller kann sozusagen den „gerechten Kurs“ bestimmen. Das gilt zwar nicht zu jedem Zeitpunkt, da es auch groteske Irrtümer gibt. Dennoch finden sich viele Handelssituationen, in denen der Markt mit seinen Trendbewegungen zumindest andeutet, in welche Richtung es gehen kann.
Eine Technik, mit der Sie solche Trends bestimmen und erfolgreich nutzen können, ist die technische Analyse auf Basis gleitender Durchschnittskurse, den sogenannten GDs. Diese GDs werden über verschiedene Zeitpunkte gemittelt. Jeweils nach einem Handelstag wird in der Betrachtung der älteste Handelstag der Betrachtung aus der Berechnung gekommen und das jüngste Handelsergebnis zugefügt.
Auf diese Weise läuft der gleitende Durchschnittskurs immer über einen entsprechenden betrachteten Zeitraum etwas weiter. Wenn nun ein aktueller Kurs oberhalb des GDs liegt, dann wird dies bezogen auf diesen Zeitraum als Aufwärtstrend interpretiert und damit als Möglichkeit, dass der Trend sich fortsetzen wird.
Wenn die Notierungen unterhalb des jeweiligen GDs in einem Zeitraum verlaufen, dann interpretieren die technischen Analysten dies als Abwärtstrend. Dies wäre wiederum so zu deuten, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Kurse selbst nachgeben werden.
Diese GDs sind damit kein naturgesetzliches Regelwerk, das immer funktioniert. Erfahrungsgemäß können Sie jedoch davon ausgehen, dass verschiedene GDs recht gut anzeigen können, in welcher Situation sich ein Markt gerade befindet.
GDs betrachten, Umkehrzeitpunkt mitnehmen
Wenden Sie sich nun der Praxis zu. Derzeit fallen die Kurse tendenziell eher, wie Sie am eigenen Leib oder Depot sicherlich verspüren. Wenn Sie einsteigen möchten, dann warten Sie zunächst zur Sicherheit ab – wenn Sie keine anderen Informationen über einzelne Unternehmen haben -, bis ein Kurs über den jeweiligen Trendpunkt nach den GDs wieder in den Aufwärtstrend wechselt.
Der vielleicht wichtigste der GDs ist der GD200 über einen Zeitraum von 200 Tagen. Dieser Trendpunkt ist relativ langsam, da es eine zeitlang dauert, bis aus einem Abwärtstrend wieder ein Aufwärtstrend wird. Dennoch lohnt sich die Auswertung dieses Trend-Indikators erfahrungsgemäß besonders, weil damit ein langfristiger Trend und ein entsprechender Trendwechsel angezeigt wird.
Schneidet nun ein Kurs den GD200 von unten nach oben, dann können Sie – wenn Sie keine anderen Informationen haben – auch an den Nebenwerte-Märkten wieder einsteigen oder zumindest erste Positionen für Ihr Depot (wieder) aufbauen. Sie können als weitere Indikation den GD100 über 100 Tage oder sogar den kurzfristigen GD38 betrachten. Am besten ist die Wahrnehmung, wenn alle Trend-Indikatoren anzeigen, dass jetzt oder vor jeweils kurzem ein Trendwechsel in den Aufwärtstrend stattgefunden hat.
Sehen Sie sich den TecDax an
Referenz-Index kann der TecDax sein. Dies ist der Technologie-Index in Deutschland, der vergleichsweise viele Nebenwerte enthält und damit als guter Indikator dienen kann.
Hier helfen zumindest einige Zahlen und Daten, damit Sie dne Index einordnen können.
GD-Abstände des TecDax
Kurs | Abstand GD | |
GD 20 | 3.246,54 | -6,42% |
GD 38 | 3.359,99 | -9,58% |
GD 50 | 3.470,71 | -12,46% |
GD 100 | 3.661,23 | -17,02% |
GD 200 | 3.679,47 | -17,43% |
Sie sehen an dieser Auswertung, dass der TecDax wie zu erwarten war in einem Abwärtstrend verläuft. Sie sehen einen Abstand von gut 17 % zum GD200, dem langfristigen Trendsignal, das hier eine bedeutende Rolle spielt. Der GD100 selbst ist gleichfalls 17 % entfernt. Der GD50 hat noch einen Abstand in Höhe von 12,5 % bezogen auf den Kurs des TecDax-Index.
Diese Zahlen gilt es nun zu interpretieren:
- Kurzfristig ist der Index klar im Abwärtstrend
- Bezogen auf mittel- und auf längerfristige Betrachtungen ist der TecDax ebenfalls im Abwärtstrend.
Damit wächst das Risiko, jetzt zum falschen Zeitpunkt einzugreifen, wenn Sie Aktien kaufen wollen. Der Abstand eignet sich allenfalls dann für Sie, wenn Sie als Turnaround-Trader auftreten möchten. Diese Anlagestrategie sieht vor, dass Sie darauf setzen, irgendwo am Tiefpunkt einen günstigen Einstiegskurs zu finden. Dabei nehmen Sie das Risiko von Fehlsignalen in Kauf, weil der vorgeblich tiefste Kurs natürlich noch einmal nach unten durchbrochen werden kann.
Die Trend-Analyse zeigt jetzt für den TecDax allerdings einen klaren technischen Abwärtstrend an. Vor diesem Hintergrund bietet es sich für Sie nicht an, zu investieren. Sie sollten vielmehr bezogen auf diesen Index zumindest Kursgewinne in Höhe von 10 % abwarten, wenn Sie sich auf die rein technische Betrachtung konzentrieren. Damit verpassen Sie zwar den günstigsten Einstiegszeitpunkt, wenn Sie danach trachten, gehen jedoch vergleichsweise sicher, dass die eingeschlagene Richtung im Ansatz stimmen wird.
Wie hoch ist das Potenzial?
Käme es also zu einem Trendwechsel, der nicht automatisch stattfinden muss, aber bei Überkreuzen der ersten technischen Signale des GDs wahrscheinlicher wird, dann würden Sie sich vermutlich fragen, wie weit und hoch es nach oben gehen kann.
Dies wiederum weiß am Markt natürlich letztlich niemand. Dennoch bietet das bisherige Allzeithoch einen ersten Anhaltspunkt. Der Höchststand war erst am 19. November 2021 erreicht worden und beläuft sich auf 3.986,96 Punkte. Bis dahin hätten Sie ausgehend vom heutigen Kurs immerhin noch ein Potenzial in Höhe von etwa 30 %.
Den Trend selbst können Sie beim TecDax wie auch bei jedem anderen Kurs neben den GD-Betrachtungen auch auf andere Weise erfassen. So bietet es sich zum Beispiel an, dass Sie die statistische Entwicklung als Maßstab für die Beurteilung wählen. Das Bauchgefühl zeigt schon, dass die vergangenen Wochen recht mäßig waren. Die Zahlen belegen den Verdacht.
Statistische Betrachtung der TecDax-Entwicklung
Zeitraum | Einstieg | Heute | Differenz | % |
1 Woche | 3.190,90 | 3.038,22 | -152,68 | -4,78% |
2 Wochen | 3.213,39 | 3.038,22 | -175,17 | -5,45% |
1 Monat | 3.407,26 | 3.038,22 | -369,04 | -10,83% |
Seit Jahresanfang | 3.926,87 | 3.038,22 | -888,65 | -22,63% |
3 Monate | 3.759,02 | 3.038,22 | -720,8 | -19,18% |
6 Monate | 3.936,26 | 3.038,22 | -898,04 | -22,81% |
12 Monate | 3.319,55 | 3.038,22 | -281,33 | -8,47% |
36 Monate | 2.649,06 | 3.038,22 | 389,16 | 14,69% |
48 Monate | 2.482,44 | 3.038,22 | 555,78 | 22,39% |
5 Jahre | 1.926,66 | 3.038,22 | 1.111,56 | 57,69% |
10 Jahre | 775,68 | 3.038,22 | 2.262,54 | 291,68% |
15 Jahre | 795,91 | 3.038,22 | 2.242,31 | 281,73% |
20 Jahre | 1.047,14 | 3.038,22 | 1.991,08 | 190,14% |
Max. (30.12.1997) | 1.000,00 | 3.038,22 | 2.038,22 | 203,82% |
Die Zahlen zeigen eindeutig, dass der TecDax schon seit einiger Zeit in einer Krise verläuft. Die Kurse sind selbst in Bezug auf die vergangenen 12 Monate noch mit einem Minus von -8,5 % in einer rechnerischen Abwärtsfahrt. Lediglich bezogen auf die vergangenen drei Jahre sieht es wieder etwas besser aus. Der TecDax ist um 14,7 % gestiegen.
Nicht die Nerven verlieren
Die Entwicklung im TecDax als Stellvertreter für die Nebenwerte ist also klar nach unten gerichtet. Wenn Sie nicht den optimalen Einstiegszeitpunkt suchen, können Sie wie beschrieben aber mit einer einfachen Vorgehensweise zumindest an steigenden Trendentwicklungen wieder teilhaben.
Die erste und einfachste Analyse sind die oben genannten GDs. Die Angaben zu den gleitenden Durchschnittskursen oder GDs finden Sie auf zahlreichen Finanzportalen, die dort eine gute Hilfestellung geben. Wenn eine Kennzahl fehlt, ist dies nicht tragisch. Es kommt auf das Gesamtbild an, das sich kurz-, mittel- und langfristig bei der Betrachtung der unterschiedlichen GDs bildet.
Wenn Sie feststellen, dass die Trends aus einem Abwärtstrend in einen Aufwärtstrend mutiert sind, dann bietet es sich an, in einem kleineren Umfang zu investieren. „All in“ zu gehen, kann trotz der guten technischen Signale noch immer zu früh sein. Vergrößert sich der Abstand zum jeweiligen GD etwas, pumpen Sie etwas mehr Geld in den Markt.
Auf diese Weise verzichten Sie wie mehrfach beschrieben auf die optimalen Zeitpunkte, reduzieren jedoch auch Ihr Risiko enorm. Die stufenweise vorgenommen Kaufaktivitäten können Sie umgekehrt ähnlich vornehmen, wenn es nach unten geht. Maßstab sind auch hier die Indikatoren nach den gleitenden Durchschnittskursen. Wenn ein Abwärtstrend – in einer Zeitraum-Betrachtung wie etwa beim GD50 oder beim GD90 – eintritt, dann verkaufen Sie zunächst einen Teil, um nicht zu schnell zu viel abgegeben zu haben.
In Ansätzen praktiziere ich dies ähnlich im Technologie-Aktien-Masterclass – und konnte bis dato ohne zu große Sorge oder umgekehrt ohne gut begründete Euphorie die Börsenkrise gut managen. Dort erhalten Sie dann auch klare Einstiegssignale.