Bedrohliche Medikationsengpässe drohen Deutschland mit dem Beginn der Grippezeit
In Deutschland könnte sich die Versorgungslage mit Medikamenten bei Eintritt der Grippesaison weiter zuspitzen. Der pharmazeutische Großhandel warnt vor diesem Szenario.
Heutzutage beträgt der Fehlbestand an den 30 am häufigsten angefragten, jedoch nicht verfügbaren Medikamenten allein beim Großhändler Noweda über 430.000 Packungen. Dies geht aus internen Unterlagen des genossenschaftlichen Großhändlers hervor, wie die “Welt am Sonntag” berichtet hat. Die Top-30-Liste wird dabei von Antibiotika dominiert, neun der dreißig aufgeführten Arzneimittel fallen in diese Kategorie. Es stellt sich außerdem ein erheblicher Mangel bei Medikamenten für Diabetiker und bestimmte Magenmittel sowie Erkältungsmedizin heraus.
Beim Wettbewerber Phoenix treten laut eigenen Angaben momentan bei rund einem Siebtel aller bestellten Packungen Lieferprobleme auf – neben den bereits erwähnten Antibiotika und Diabetesmitteln betreffen die Engpässe auch Bluthochdruckpräparate, Cholesterinsenkende Mittel sowie Schmerz- und Erkältungsmedizin.
Zusammengerechnet machen diese beiden Großhändler rund 50 Prozent des Marktes aus. Viele Branchenvertreter sind daher der Meinung, dass die offizielle Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur einen beschränkten Einblick in die tatsächliche Mangelsituation bietet.
In der Datenbank des BfArM sind aktuell etwa 500 Lieferengpässe gelistet. Die Behördenliste enthält jedoch lediglich Einträge von Stoffen, welche als besonders versorgungsrelevant betrachtet werden. Daher geht Michael Kuck, Vorstandschef von Noweda, davon aus: “In Wirklichkeit sind es wohl einige Tausend Arzneimittel, die nicht oder nicht in ausreichender Menge lieferbar sind.”
Zwar hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) über den Sommer hinweg mehrere Maßnahmen gegen den Engpass durchgeführt. Doch ob diese ausreichen, wird von Branchenkennern angezweifelt.
Der Verband Pro Generika, welcher die Interessen der Produzenten sogenannter Nachahmermedikamente vertritt, kritisiert außerdem das Obligatorium zur Lagerung bestimmter Medikamente als kontraproduktiv – “Man kann nichts einlagern, was gar nicht erst produziert wurde”.