Liebe Leserin, lieber Leser,
Wir sind noch drin, in der Hauptversammlungs-Saison – zumindest bei den Aktiengesellschaften, bei denen das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht.
Ich persönlich finde es schade, dass dieses Jahr kaum Präsenz-HVs stattfinden. Denn ich habe da oft gerne mit Gleichgesinnten gefachsimpelt und schätze die Möglichkeit, z.B. dem Finanzvorstand eines Unternehmens im Rahmen der Hauptversammlung Fragen zu stellen.
Denn da merkt man schon, wie aktionärsfreundlich die ticken. Ein Negativ-Beispiel war der Vorstand eines Unternehmens, das ausgerechnet im Nachhaltigkeits-Bereich aktiv ist – und der mir zuraunte, der Aufsichtsrat seines Unternehmens sei über die virtuelle Hauptversammlung froh. Denn da würden die Aktionäre nicht so sehr „nerven“ wie bei einer Veranstaltung mit Präsenz.
Leider vergaß ich – weil ich so baff war -, ihn deswegen zu beschimpfen oder alternativ zu verfluchen. Denn so eine Einstellung gefällt mir überhaupt nicht.
Die Aktionäre sind schließlich die Eigentümer/innen der jeweiligen Aktiengesellschaft.
Und selbst wer nur eine einzige Aktie hält, der hält eben einen Mini-Anteil und ist auch damit dann Eigentümer/in und verdient Respekt von den Angestellten des Unternehmens. Denn letztlich sind Vorstandsmitglieder genau das: Angestellte des Unternehmens.
Doch ruhig, Brauner. Hier geht es um Dividenden. Doch mehr oder weniger elegant habe ich einen Bogen zum Thema: Denn bei den Hauptversammlungen wird üblicherweise über die Verwendung des Bilanzgewinns abgestimmt (so es denn einen gibt).
Und üblicherweise gibt es da im Falle eines Bilanzgewinns einen Gewinnverwendungsvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat.
Meistens folgt die Masse der Aktionäre dem Vorschlag dann auch.
Das liegt wohl auch daran, dass viele Aktionäre ihre Stimmrechte entweder gar nicht ausüben oder sie ihrer Depotbank übertragen. Und die stimmt dann üblicherweise im Sinne der Verwaltung ab.
Es geht auch anders. Ich zitiere aus meinen Aufzeichnungen aus einer für mich denkwürdigen Hauptversammlung der KHD Vermögensverwaltung (kurz KHD VV), ISIN: DE000A1X3WW8 bzw. WKN: A1X3WW. Es geht hier um die 2019er HV, aber da ich das recht ungewöhnlich und für das Thema Dividenden-Aktien interessant fand, habe ich dazu für die heutige Ausgabe in meinen Aufzeichnungen von damals gekramt. Ich zitiere daraus:
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats Jürgen Luckas handelte dieser die Formalia ab. So gab es unter anderem den Bericht des Aufsichtsrats – der sich den Angaben zufolge im vorigen Geschäftsjahr fünf Mal getroffen hat.
Das klang nach „Standard“ – doch als ich gedanklich etwas wegdämmern wollte, wurde es dann schlagartig doch spannend. Der Aufsichtsratsvorsitzende verwies auf einen Gegenantrag der SdK („Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.“) zum Tagesordnungspunkt 2.
Um das einzuordnen: Der Tagesordnungspunkt 2 sah vor, keine Dividende auszuschütten und den Bilanzgewinn komplett vorzutragen.
Die SdK stellte den Gegenantrag, 0,34 Euro je Aktie auszuschütten.
Doch dann kam die Überraschung.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats teilte mit, dass der Großaktionär Blake International Ltd. (gehört zu 100% HW = Humbold Wedag GmbH, die wiederum zu 100% der börsennotierten Mutter KHD gehören) auch einen Gegenantrag stellen möchte (nicht vorab veröffentlicht). Dieser werde nun gestellt.
Die Spannung war zumindest bei mir groß, …
…als ein Herr Ringberg als Vertreter der Blake International aufstand und den Gegenantrag formulierte. Demnach sollen die liquiden Mittel des Unternehmens größtenteils ausgeschüttet werden. Das wären dann 23 Euro je Aktie! Dies war sein Dividendenvorschlag. Er sprach – und ging dann auch wieder.
Wie gesagt: Der Kurs der Aktie stand vor der Hauptversammlung bei 25/26 Euro. Und nun der Vorschlag, 23 Euro pro Aktie als Dividende auszuschütten. Da war man (= ihr Autor) baff. Auch von der Vorgehensweise – kurz Gegenantrag stellen und dann umgehend den Abgang machen.
Später dann bei der Abstimmung ein denkwürdiges Ergebnis.
Es gab bei allen Tagesordnungspunkten hohe Zustimmungsquoten. Am höchsten war die Zustimmung bei der Abstimmung über den Gegenantrag des Großaktionärs: Ausschüttung von 23 Euro je Aktie! Wie gesagt: Kurz vor der HV notierte die Aktie bei 25/26 Euro.
Zum Gegenantrag des Großaktionärs gab es 100% JA-Stimmen und insofern keine einzige Gegenstimme.
Ein Aktionär fragte noch, wann das Geld eintreffen soll, damit die „Party“ entsprechend geplant werden kann. Vorstand Heiles nannte als Termin den 16. April.
Das war das einzige Mal, dass ich bezogen auf den aktuellen Aktienkurs eine Dividendenrendite im Bereich von 90% gesehen habe.
Die KHD VV gibt es noch immer. Doch die genannten liquiden Mittel sind ja jetzt „weg“ = an die Aktionäre ausgeschüttet.
Aber dazu der Blick auf die aktuellen Zahlen der KHD VV.
Da die KHD VV kein operatives Geschäft mehr betreibt, sind die Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung relativ schnell erklärt. In der Bilanz zeigen sich Aktiva in Höhe von insgesamt ca. 5,5 Mio. Euro.
Ein Großteil davon besteht in Form einer Forderung gegenüber einem „verbundenen Unternehmen“ = (Großaktionär?). Dafür gibt es dann Zinsen, und das ist die Haupteinnahmequelle.
Es gibt noch ein paar Wertpapiere (Wert ca. 140.000 Euro per Ende 2020). Und dann noch liquide Mittel = Bankguthaben, das waren rund 353.000 Euro per Ende 2020. Das war es.
Mit anderen Worten: Die Vermögensverwaltung besteht darin, 5 Mio. Euro an ein verbundenes Unternehmen auszuleihen und dafür Zinsen zu erhalten. Viel mehr passiert hier nicht – bildlich gesprochen hat diese AG ein Darlehen vergeben und sie hat ein Bankkonto und ein kleines Depot. Das war es.
Und da der „Cash-Berg“ weg ist, ist es unwahrscheinlich, dass es hier nochmal eine solche beachtliche Dividendenrendite gibt. Außer, das Darlehen an das verbundene Unternehmen wird einmal vollständig zurückgezahlt und die dann erhaltenen liquiden Mittel werden ausgeschüttet.
Aber dann könnte man den Laden eigentlich auch ganz dicht machen, finde ich.
Wie üblich gilt: Das ist keine Aufforderung zum Kauf – für Ihre Käufe/Verkäufe sind Sie ganz alleine verantwortlich. Ich glaube an den mündigen Leser.
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