Liebe Leser,
die Wetten auf die Corona-Pandemie und das neue Virus läuft. Die Delta-Variante hat sich an einigen Orten bereits durchgesetzt. Steigen die Inzidenzen? Wird es wieder deutliche Maßnahmen bis hin zum faktischen Reiseverbot geben? Oder wird die Reisesaison halbwegs so ablaufen, wie die meisten von uns sich dies vorstellen. Die Wette läuft – und damit auch auf einen Kreuzfahrtanbieter, den ich für meine Dienste untersucht habe….
Carnival-Corporation: Es wird spannend
Es geht um das Unternehme Carnival Corporation. Das Unternehmen mit der WKN 120100 ist in den vergangenen Tagen deutlich unter Druck geraten. Offenbar herrscht hier wieder die Sorge, dass es zu einem Problem mit dem Corona-Virus kommen könnte.
Ich sehe die Angelegenheit für den Betreiber etwa der AIDA-Schiffe etwas optimistischer. Denn es gibt derzeit einen eminenten Nachholbedarf, wie Sie praktisch überall hören können. Es wird auch in Ihrem Umfeld Menschen geben, die endlich wieder reisen möchte. Es wird Menschen geben, die sich auf große Kreuzfahrt begeben möchten, Venedig sehen wollen, die Karibik oder etwa Skandinavien. Wir wären wahrscheinlich alle oder zumindest sehr viele Menschen wieder dazu bereit, auch über weitere Tests den Ausbruch der Corona-Infektionen an Bord zu vermeiden.
Anbieter solcher Reisen ist Carnival. Das Unternehmen ist schon vorsichtig in seiner Kalkulation. So wird deren Chef Arnold Donald noch aus dem März zitiert, als er der „Financial Times“ gegenüber offenbarte: „Aufgrund der pandemiebedingt kleineren Flotte werde es bis 2023 dauern, bis der Konzern sich vollständig erholt.
Das klingt im Großen und Ganzen plausibel, ist aber noch kein Grund, zwischenzeitlich bereits die Flinte ins Korn zu werfen. Denn Carnival hat während der vergangenen Monate 19 von immerhin insgesamt 107 Schiffen entweder stillgelegt oder aber verkauft.
Das heißt, dass die Flotte noch immer groß ist. Es wird vom Verlauf der Corona-Pandemie und der Geschwindigkeit, mit der die Politik alles lahmlegt, abhängen, ob die Wette aufgeht. Auf Basis des Fortschritts bei den Impfungen bin ich derzeit recht optimistisch.
Gute Buchungszahlen
Immerhin waren schon bis Ende Februar – also noch vor Beginn der Saison und den Erleichterungen – die Buchungen im Vergleich zum Vorjahr um gleich 90 % angestiegen. Dies soll vor allem auf die Stammkunden zurückzuführen sein, die schnell und vor allem langfristig buchen.
Zudem hat sich auch auf der Finanzierungsseite viel getan. Ein Analyst der Goldman Sachs betont in diesem Zusammenhang, dass der Verbrauch an Bargeld, der hier über Monate in der Pandemie ein massives Problem dargestellt hat, sich inzwischen deutlich reduziert. Der Analyst unterstellt sogar, dass bis zum Jahresende die gesamte Flotte des Unternehmens wieder an den Start gehen könnte. Dies wiederum deckt sich mit den politisch bedeutendsten Rahmenbedingungen.
Zum 18. Juli 2021 wird in den USA die bisherige Beschränkung auf Basis der Empfehlungen der Gesundheitsbehörde CDC aufgehoben. Die einschränkenden Worte sollen dann tatsächlich nur noch empfehlenden Charakter haben. Dies wiederum ist für das Unternehmen ein erheblicher Gewinn:
Die Company erwirtschaftet über 50 % ihrer Umsätze in Nordamerika, wird also durch die neuen Nicht-Maßnahmen erhebliche Vorteile haben.
Sorgen bleiben
Dennoch sollte nicht vergessen sein, dass es auch Sorgen gibt. Nicht nur die Branche selbst zittert vor weiteren Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Auch das Unternehmen weckt unverändert einige Sorgen. Denn die Privatbank Berenberg unterstellt derzeit ein unsicheres Risiko-Rendite-Verhältnis.
Der Konzern habe im Schlussquartal 2020 einen Umsatz in Höhe von 34 Millionen Dollar verbucht. Das Jahr 2020 war für die Branche das katastrophale Corona-Jahr schlechthin. Dieser Umsatz allerdings markierte einen Rückgang in Höhe von über 99 % gegenüber dem Jahr 2019.
Dabei musste das Unternehmen monatlich etwa 600 Millionen US-Dollar finanzieren. Dies wiederum hat insgesamt im Jahr 2020 zur Aufnahme von Eigenkapital und Fremdkapital in Höhe von insgesamt 23,5 Milliarden Dollar geführt. Unter anderem waren zwei Anleihen auf den Markt gegeben worden, die vor gut einem Jahr zumindest als relativ riskant galten.
Da Carnival noch immer nicht die volle Leistungsfähigkeit abrufen kann, rechnet zumindest die Privatbank Berenberg sogar bis zum Jahr 2024 noch mit einem immensen Verschuldungsgrad. Insofern könnte es, so die Schätzung von Seiten der Analysten, erneut zu einer Kapitalerhöhung kommen.
Neue Aktien auf den Markt?
Eine Kapitalerhöhung bedeutet, dass das Unternehmen neue Aktien auf den Markt geben wird. Dies wäre für die bisherigen Eigentümer zumindest eine Herausforderung. Wird das neue Kapital nicht gewinnbringend verwendet, wird der Wert der älteren Aktien durch diese Aktivität sinken.
Bei einer Kapitalerhöhung erhalten bisherige Aktionäre ein Vorkaufsrecht, um einen Ausgleich für den möglicherweise sinkenden Aktienkurs der alten Aktien zu erhalten. Dennoch ist stets die Frage, wie der Markt auf eine solche Kapitalerhöhung reagiert.
Sie kann auch positiv aufgenommen werden, wenn die frischen Gelder für sinnvolle Investitionen oder wertvollen Zeitgewinn verwertet werden. Auch hier wiederum ist die Frage, wie sich eine solche mögliche Kapitalerhöhung auf Basis der Entwicklung der Corona-Pandemie darstellt. Wenn die volle Leistungsfähigkeit zügig erreicht wird, dann sollte die Kapitalerhöhung zumindest gut begründbar sein. Andernfalls müssten Investoren und bisherige Eigentümer mit einem Abschlag auf ihr bisheriges Vermögen rechnen.
Unter dem Strich also ist die Entwicklung mit einem enormen Fragezeichen -aus wirtschaftlicher Sicht – versehen.
Immerhin kann das Unternehmen auf Basis seiner Marktstärke bei einem guten Verlauf der Corona-Pandemie darauf setzen, dass der Umsatz rasch steigt und die befürchteten weiteren Zahlungsschwierigkeiten nicht so groß sein werden wie in einem schlechteren Fall.
Auf der anderen Seite jedoch ist die Verschuldung an sich bereits recht hoch. Zudem sind durch eine Kapitalerhöhung bei einer steigenden Gefahr hinsichtlich weiterer Corona-Maßnahmen sogenannte Verwässerungseffekte für die früheren Aktienbesitzer nicht ausgeschlossen. Dies kann die Stimmung am Markt bezüglich dieser Aktie nach Meinung von Analysten deutlich eintrüben. Auch diese Entwicklung bleibt auf Basis der heutigen Informationen noch offen.
Es wird insgesamt aus wirtschaftlicher Sicht darauf ankommen, wie sich die Menschen verhalten. Alte Stammkunden sichern das Geschäft recht gut ab. Zusätzlich ist der Nachholbedarf für zahlreiche potenzielle Reisende noch immer groß.
Schließlich ist auf jeden Fall hinreichend viel Geld am Markt, um Reisen zu buchen. Die Sparquote war nicht nur in Deutschland außergewöhnlich hoch, sondern auch in den USA. Die Menschen beginnen wieder damit, das gesparte Geld einzusetzen – unter anderem für den Urlaub.
Einige Zahlen sollen zumindest das wirtschaftliche Bild auf die Aktie abrunden helfen.
Wirtschaftlich interessant
Zunächst zu den Umsatzzahlen.
Das Umsatzvolumen wird für 2021/2022 aktuell bei 2,69 und dann 14,53 Milliarden Euro taxiert. Dies wäre ein kräftiger Anstieg, der u.a. auch die Gewinnzahlen letztlich beeinflussen wird.
- Das Ebitda, die Erlöse abzüglich der Abschreibungen, der Zinsen und der Steuern werden demnach in diesem Jahr noch mit 1,94 Milliarden Euro negativ sein. Im kommenden Jahr sind die Erlöse mit 3,37 Milliarden Euro demgegenüber dann nach den vorliegenden Schätzungen wieder deutlich positiv. Dies ist allerdings vor allem auf den Umsatz zurückzuführen, der wiederum an den Corona-Maßnahmen hängt.
- Der Free Cashflow, der die wirtschaftliche Beweglichkeit von Carnival verdeutlicht, wird für das Jahr 2021 noch bei -6,4 Milliarden Euro taxiert. Das Unternehme nimmt wegen der aktuell noch geltenden Maßnahmen zu wenig Geld ein. Der FCF ist damit noch negativ. Dies wird er trotz steigender Umsätze den aktuellen Schätzungen nach im kommenden Jahr noch bleiben. Allerdings liegt der FCF dann bei -0,15 Milliarden Euro. Dies wäre kein Vergleich zur derzeitigen Ausgangssituation – sondern ein sehr positives Signal.
- Der Gewinn pro Aktie ist mit -4,48 Euro aktuell noch negativ einzuschätzen. Im kommenden Jahr wird der Gewinn nach den vorliegenden Schätzungen bei günstigem Verlauf bereits wieder auf +0,23 Euro pro Aktie steigen. Klettern die Umsätze tatsächlich wie erwartet, wäre die Situation dann fast vollständig de-eskaliert.
- Dennoch ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im kommenden Jahr dann mit etwa 99 noch immer sehr hoch. Die Aktie wäre der Aktie von typischen Wachstumsunternehmen gleichzustellen. Insofern ist der Titel auch dann noch teurer.
- Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KGV) verläuft aktuell bei 1,99 und 2022 bei 1,95 Euro je Aktie. Der Buchwert in der Bilanz verändert sich derzeit kaum noch. Es ist nicht überraschend, dass der Titel an dieser Stelle sogar noch punktet.
- Das Kurs-Umsatz-Verhältnis liegt für das laufende Jahr den Erwartungen nach bei fast 10. Im kommenden Jahr, sofern die Umsätze wie erwartet steigen, wird das KUV dann bei 1,8 liegen. Dies wäre wieder ausgesprochen interessant und zumindest in Bezug auf diesen Faktor aus Sicht von Value-Investoren ein deutlicher Zugewinn.
- Allerdings ist auch der Blick auf die Schulden von Belang. Die Schulden belaufen sich auf etwa 58 % bezüglich des Gesamtkapitals. Dieser Faktor spielt bei der Bewertung eine – einschränkende – Rolle. Die Aktie wird zudem belastet durch das Verhältnis zwischen Nettoschulden und Eigenkapital. Dieses Verhältnis beläuft sich auf 138 %. Das Unternehmen ist schlicht nach allen vorliegenden Kennzahlen recht ambitioniert verschuldet.
- Die Eigenkapitalrendite wird denn auch im kommenden Jahr – wenn alles gut geht – minimal positiv sein. Die Gesamtkapitalrendite beläuft sich dann auf 2,1 %. Auch dies ist ein recht bescheidener, aber immerhin positiver Wert.
- Die Ebitda-Marge wird in diesem Jahr bei gut – 70 liegen und wäre im kommenden Jahr mit 23 % allerdings wieder recht hoch.
- Die Nettomarge beläuft sich 2021 auf – 192 %, wird aber im kommenden Jahr wiederum leicht positiv sein – wenn alles läuft.
Abschließend sehen Sie im 5-Jahres-Chart, dass der Wert durchaus Luft nach oben hat. Die Risiken habe ich niedergeschrieben – die hohe Verschuldung und die offene Corona-Frage sind die Punkte, an denen eine weitergehende Erholung scheitern könnte. Allerdings ist die Chance nach oben recht deutlich…
5-Jahres-Chart Carnival Corp., WKN: 120100 – durchaus sehr viel Luft nach oben…
Quelle: onvista.de, eigene Bearbeitung
Mit freundlichen Grüßen