Die Crash-Strategie 2022

Liebe Leser,

wir haben in den vergangenen Tagen glücklicherweise wieder gute und vergleichsweise sogar stabile Bösen gesehen. Die entscheidende Frage für viele Investoren lautet: Ist die Crash-Gefahr wegen der Zinsdiskussionen und der Ukraine-Gefahr damit vorbei? Einen Crash wird es wahrscheinlich tatsächlich nicht geben. Für viele Investoren jedoch wird die Zukunft noch überraschend.

Die Zinsfalle: Was Sie wissen müssen

Die Ausgangsbedingungen sind an sich klar. Die Zinsen werden vermutlich in den USA schneller und auch höher steigen als in der Euro-Zone. Die EZB hat kürzlich bei einer Sitzung gezeigt, dass sie noch nicht bereit ist, auf die steigenden Inflationsraten mit einer deutlichen Zinserhöhung einzugehen.

Steigende Zinsen sind damit verbunden, dass die Staaten, privaten Haushalte und vor allem Unternehmen nicht in der Lage sein werden, sich so wie nötig neu zu verschulden. Die sogenannte Prolongation, also die Verlängerung von Kreditlaufzeiten, wird damit teurer. Steigende Zinsen werden also unmittelbar auf das Wachstum zahlreicher Segmente wirken.

Die zweite Gefahr wachsender Zinsen eröffnet sich mit Blick auf die sogenannten Diskontierungsmodelle. Zahlreiche Modelle bei der Beurteilung von Unternehmen an den Aktienbörsen beruhen darauf, dass die künftigen Unternehmensgewinne abgezinst werden. Weil sie in der Zukunft anfallen, sind sie heute weniger Wert. Je höher der Zinssatz ist, mit dem heutige Gewinne bewertet werden (weil das Geld angelegt werden kann), desto weniger ist die Verlagerung der Gewinne in die Zukunft wert. Das bedeutet für Sie: Gewinne der Wachstumsunternehmen, die in der Zukunft anfallen, sind bei steigenden Zinsen heute auf einen Schlag weniger wert. Damit verlieren die Unternehmen nach den gängigen Modellen der Unternehmensbewertung plötzlich an Börsenwert.

Deshalb sind zuletzt vor allem die Unternehmen aus den Wachstumsbranchen nach unten durchgereicht worden. Technologie-Unternehmen, deren Gewinne in der Zukunft anfallen, sind weniger Geld wert. Gleichzeitig haben auch einige Großunternehmen aus der Branche verloren – das wiederum in der Regel aber zu Unrecht. Diese Unternehmen verfügen zumindest über hinreichend viel Geld, um den Faktor 1, die Darlehens-Prolongation, gut zu überstehen.

Value-Unternehmen werden in der Regel in solchen Phasen zumindest theoretisch die besseren Chancen haben, weil sie bereits in der Gegenwart Gewinne erwirtschaften. Das bedeutet zweierlei: Solche Unternehmen sind auch damit konfrontiert, dass künftige Gewinne weniger wert sind. Gleichzeitig sind die laufenden Gewinne bereits mehr wert.

Deshalb sind Value-Werte in solchen Phasen, wie wir sie aktuell erleben, mehr wert.

Die Ukraine- und Omikron-Diskussion: Schlimm für Sie?

Die nächste Frage, die Sie aktuell an den Börsen beschäftigen kann, ist die Krise in der Ukraine – inklusive der Gaslieferungen für die EU – wie auch die Omikron-Diskussion. Lauern hier besondere Risiken, wenn Sie an den Finanzmärkten Geld anlegen?

Die jüngsten Ereignisse deuten nicht darauf. Sie sehen in den Medien, dass immer mehr Länder dazu übergehen, Lockerungen vorzunehmen oder Maßnahmen während der Corona-Phase nunmehr einzukassieren. Die Maßnahmen gelten als nicht mehr sachgerecht, weil die medizinische Versorgung gewährleistet zu sein scheint.

Damit wird ganz allgemein betrachtet die Wirtschaft wieder belebt. Sie werden – immer vorausgesetzt, dass sich nichts wesentliches ändern wird – nicht erleben, dass die Sorge vor einer durchgehenden Schließung noch einmal so massiv die Wirtschaft beschränkt wie etwa 2020.

Eine Sorge jedoch bleibt: Die Frage, ob China sich abschotten wird, wenn die Olympischen Spiele vorbei sind, ist aktuell unbeantwortet. China kann zum Engpass werden, wenn es neue Lockdowns gibt. China produziert sehr viele Produkte und Vorprodukte, die auch an unseren Markt kommen. Aktuell jedoch ist dies eine abstrakte Gefahr.

Die Ukraine-Diskussion muss Sie zudem gleichfalls nicht beunruhigen. Einen weiteren Krieg auf europäischem Boden können wir derzeit nicht erwarten oder einpreisen. Das kann jederzeit geschehen, daran gibt es keinen Zweifel, dies ist jedoch nur eine der zahlreichen theoretischen Optionen.

Wenn die Bedrohung ernster wird, dann werden die Aktienmärkte wie für gewöhnlich zittern. Dann jedoch erholen sich die Kurse nach einer Weile der Beobachtung in der Regel vergleichsweise schnell wieder. Von dieser Seite betrachtet müssen Sie sich aktuell keine nennenswerten Sorgen machen.

Die wahre Falle: Wachstumsraten fallen weltweit

Es gibt allerdings einen Umstand, der in den Medien zwar in der Regel zu kurz kommt, die Entwicklung jedoch tatsächlich bestimmen wird. Die weltweite Wirtschafts-Wachstumsrate ist wesentlich geringer, als Optimisten wahrhaben wollen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF9 hat jüngst Prognosen abgegeben, die relativ spektakulär sind. Das BIP soll weltweit 2021 nur um 5,9 % gewachsen sein. Dies ist relativ enttäuschend, da 2020 als Basisjahr nun wegen Corona sogar äußert schwach gewesen ist. 2022, also dieses Jahr, soll allerdings mit einer Wachstumsrate in Höhe von 4,4 % noch schwächer sein.

Das Jahr 2023 wird die Volkswirte allgemein und die Finanzmärkte insgesamt wahrscheinlich noch stärker treffen, wenn sich diese Prognose als richtig erweist. Die BIP-Wachstumsrate läge demnach weltweit bei 3,8 %. Das heißt, dass das Wirtschaftswachstum über alle Branchen hinweg und vor allem in den Industrieländern deutlich fallen wird. In den Industrieländern wird das Wachstum der Wirtschaft 2023 mit nur noch 2,6 % angegeben.

Das ist die eigentliche Falle für Investoren. Wenn das Wachstum trotz der enormen Geldmengen und der weiterhin niedrigen Zinsen relativ enttäuschend ausfällt, wird der Kuchen, den es zu verteilen gibt, gleichfalls geringer. Dies wird sowohl Staaten wie auch private Haushalte und letztlich dann die Unternehmen treffen.

Stellen Sie sich darauf ein, dass es keinen Crash geben wird, dass aber die Wachstumsraten viele Unternehmen enttäuschen muss. Dies gilt dann auch für die Aktienmärkte, die enttäuscht reagieren dürften.

Darauf sollten Sie reagieren, wenn Sie sich schützen wollen.

Es gibt zahlreiche Anlageklassen, die in einem solchen Umfeld trotz steigender Zinsen schlecht funktionieren werden.

  • Rohstoffe sind bei einem schwächeren Wirtschaftswachstum deutlich riskanter, als es aktuell den Anschein hat.
  • Immobilien werden bei steigenden Zinsen und einem schwächeren Wirtschaftswachstum zumindest gedämpft.
  • Gold kann sich von solchen Entwicklungen zwar abkoppeln. Steigende Zinsen im Dollar-Raum jedoch dämpfen die Nachfrage nach dem Edelmetall ebenfalls. Gold wird im dann relativ stärkeren Dollar gehandelt. Sie sollten dies einkalkulieren.,

Als sicherer Hafen bieten sich vor allem Unternehmen an, die sehr viel Geld haben und sich von den Zinsdiskussionen abkoppeln. Damit fallen immer wieder Aktien bzw. Unternehmen wie Apple positiv auf.

Apple trotzt fast allen Entwicklungen

Quelle: onvista.de, eigene Bearbeitung

Mit freundlichen Grüßen

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