Im vergangenen Jahr haben deutsche Arbeitgeber einen beeindruckenden Betrag von rund 70 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung an ihre erkrankten Mitarbeiter ausgegeben. Dies geht aus einer noch unveröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor.
Diese Zahl ist zwar aufgrund einer Datenrevision etwas niedriger als ursprünglich erwartet, aber sie befindet sich dennoch auf Rekordniveau. Laut IW-Forscher Jochen Pimpertz ist für das laufende Jahr keine Rückgang zu erwarten. In der Tat stiegen die Kosten der Unternehmen für die Lohnfortzahlung erkrankter Mitarbeiter von 2021 bis 2022 deutlich an: Im Jahr 2021 mussten Arbeitgeber noch rund 66 Milliarden Euro zahlen, während es im vergangenen Jahr etwa 70,2 Milliarden Euro waren.
“Die Ausgaben sind zwischen 2019 und 2021 nahezu konstant geblieben”, sagt das IW und fügt hinzu, “aber im Vergleich zum Vorjahr sind sie im Jahr 2022 um bemerkenswerte 6,5 Prozent gestiegen.” Dieser Anstieg kann laut Pimpertz teilweise durch den erhöhten Krankenstand erklärt werden – hauptsächlich aufgrund von Atemwegserkrankungen während der Corona-Pandemie.
Zudem wird der sogenannte Corona-Effekt voraussichtlich noch bis zum Frühjahr 2023 in den Krankendaten sichtbar sein. Danach wird sich laut Pimpertz das Ausmaß von Atemwegserkrankungen wahrscheinlich wieder auf dem Niveau vor Corona einpendeln.
Ein weiterer Faktor, der die Kosten der Entgeltfortzahlung in die Höhe treibt, ist die Tatsache, dass Bruttolöhne und -gehälter mit jeder Lohnrunde nominal steigen. “Inflationären Druks wegen waren die jüngsten Tarifabschlüsse relativ hoch”, sagt Pimpertz. “Je höher das Gehalt, desto größer auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingten Fehlzeiten.”
Für Arbeitnehmer bietet das deutsche System eine gewisse Sicherheit: Wer krank ist und ein ärztliches Attest vorlegt, erhält sein Gehalt für bis zu sechs Wochen weiterhin ausgezahlt. Sollte sich die Genesungsphase darüber hinaus verlängern, übernimmt dann die Krankenkasse und zahlt ein Krankengeld – allerdings nur noch zu 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoeinkommens – aber immerhin bis einschließlich der 72. Woche.