Commerzbank-Chef Weidmann warnt vor überzogenen Erwartungen zum digitalen Euro

Digitale Währung: Weidmann warnt vor überzogenen Erwartungen an den digitalen Euro

Jens Weidmann, ehemaliger Bundesbankpräsident und heutiger Aufsichtsratschef der Commerzbank, äußert Skepsis gegenüber dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) geplanten digitalen Euro. Laut ihm besteht momentan kein Bedarf für eine solche digitale Währung.

“Wenn wir uns das Konzept des digitalen Zentralbankgeldes genauer anschauen, sehen wir schnell, dass es nur dann angenommen wird, wenn es den Bürgern einen echten Mehrwert bietet”, betont er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. “Im Grunde haben wir alle schon digitales Geld auf unseren Girokonten.”

Die EZB arbeitet bereits seit einigen Jahren an einer digitalen Variante des Euros. Eine zweijährige Vorbereitungsphase wurde Anfang November gestartet. In dieser Phase soll das Regelwerk für die Einführung eines digitalen Euros entwickelt und geeignete Anbieter für eine zukünftige Plattform ausgewählt werden.

Gleichzeitig sehen Geschäftsbanken in der möglichen neuen Währung einen Konkurrenten für ihr etabliertes Geschäftsmodell. Fragen hinsichtlich des Datenschutzes kommen auf: “Es handelt sich hier um sehr sensible Daten; daher muss vorab strikt geregelt werden, wie diese geschützt werden können”, so Weidmann weiter. Kritiker befürchten sogar hinter dem Projekt einen Mechanismus zur Überwachung des Zahlungsverhaltens von Bürgern durch staatliche Behörden.

Zum Thema Commerzbank betonte Weidmann, dass die Interessen der Mitarbeiter bei der Sanierung nicht in Vergessenheit geraten sollten. “Die Belegschaft hat einen signifikanten Beitrag zur Restrukturierung geleistet und der schwierige Prozess hat Spuren hinterlassen”, so Weidmann. “Wir müssen wieder mehr auf die Mitarbeiter und ihre Belange achten.”

Weiterhin spricht sich Weidmann gegen eine Erhöhung der Mindestreserve aus, einem Instrument das Bankgewinne abschöpft: “Die Aufgabe der EZB besteht nicht darin, Geschäftsbanken angemessene Gewinne zu ermöglichen. Ihre Hauptaufgabe ist es, Preisstabilität zu gewährleisten.”

In Zeiten von Negativzinsen mussten Banken Abstriche machen, nun könnten sich die Verhältnisse umkehren. Abschließend warnt er vor dem falschen Eindruck bei Investoren: “Wenn europäische Banken Gewinne erzielen und diese nicht behalten dürfen, wird das Risiko einer zu geringen Investition in diesen Sektor immer größer.”

Autor