Raghuram Rajan, ehemaliger Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), betrachtet die Aussichten für eine schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft mit Skepsis. Er glaubt, dass tiefergreifende Veränderungen in Chinas politischem System erforderlich sind, um das aktuelle wirtschaftliche Modell zu revitalisieren.
Laut Rajan hat China bisher auf exportorientiertes Wachstum und Infrastrukturinvestitionen gesetzt. Da der Westen jedoch zunehmend vorsichtiger wird und weniger Importe aus China zulässt, kommt dieses Modell an seine Grenzen. Auch die Infrastruktur ist bereits weitgehend ausgebaut – Straßen und Hochgeschwindigkeitszüge gibt es in Hülle und Fülle.
Jetzt stellt sich also die Frage: “Was jetzt?” Wie Rajan erläutert, sollte man in diesem Entwicklungsstadium normalerweise einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Dienstleistungssektors legen. Hierzu gehören Forschung, Design, Innovation sowie kreative Branchen.
Chinas Regierung tut sich jedoch schwer mit dieser Umstellung. Die Kommunistische Partei fördert ein unfreies Regime mit strengen Denkverboten und festgelegten Zielen.
Neben seinen Ansichten zur chinesischen Wirtschaft äußerte Rajan auch Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, zweistellige Milliardensubventionen für internationale Chipfabrikanten bereitzustellen: “Diese Art von Industriepolitik schafft gewöhnlich eine Oase für gut bezahlte Fachkräfte um die Fabrik herum. Es gibt zwar lokale Belebungseffekte – die hightech Ingenieure müssen ja auch ihre Kleider reinigen lassen -, aber rechtfertigt das zehn oder zwanzig Milliarden Euro?”
Er plädiert eher für ein von unten kommendes Wachstum. Zudem gibt es seiner Meinung nach keine Garantie dafür, dass Fabriken von US- oder taiwanesischen Unternehmen in Deutschland tatsächlich zur Sicherheit der Chipversorgung beitragen würden: “Es wäre doch besser die Chips selbst herzustellen”, so schließt er.